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11. Juli 2022

Data Lifecycle Management – Wertschöpfung für Ihr Unternehmen

Gregor Bieler und Gero Presser

Die schiere Masse an Daten, die heute im Sekundentakt entsteht, wird für Unternehmen zunehmend zur Herausforderung. Insbesondere die vergangenen zwei Pandemie-Jahre haben das weltweite Datenwachstum immens beschleunigt. Die Hauptverantwortlichen: Unstrukturierte Daten, deren Wert oder Sicherheitsrisiko nicht nur schwer einschätzbar ist, sondern die sich zunehmend auch auf Speicherkosten, Produktivität und die Umweltbilanz auswirken. Höchste Zeit für Unternehmen, sich mit dem Thema Data Lifecycle Management auseinanderzusetzen, meint Gregor Bieler, Geschäftsführer der APARAVI Software AG.

Zu Gast in unserer Interview-Reihe Datenhelden diskutiert er mit Gastgeber Dr. Gero Presser von QuinScape, warum der Lebenszyklus von Daten zum Trendthema der nahen Zukunft wird und welche konkreten ersten Schritte Unternehmen hier gehen können.

„Das Data Lifecycle Management ist entscheidend“

Gregor Bieler blickt auf eine über 20-jährige Laufbahn in der IT-Industrie zurück. Zuletzt baute er als General Manager bei Microsoft vor allem das Cloud-Geschäft mit auf und trieb die Skalierung der Microsoft Cloud Offerings über Partner voran.

„Die sieben Jahre bei Microsoft waren eine hochspannende Zeit – der Wechsel von ‘On-Premises‘ zur Cloud, von Lizenzen zu Lösungen – ich durfte da vieles mitgestalten“, sagt Gregor Bieler. „Dabei konnte ich in vielen Projekten sehen, welche unglaublich wichtige Rolle das Data Lifecycle Management und der Data Estate eines Unternehmens spielen.“ Aus diesen Erfahrungen entwickelte sich eine echte Leidenschaft und führte Bieler von Microsoft zu seiner aktuellen Station als Geschäftsführer der APARAVI Software AG.

Und was versteht man nun genau unter den Begriffen Data Lifecycle Management und Data Estate und warum müssen Unternehmen sich damit befassen? „Das Data Lifecycle Management, der Lebenszyklus von Daten, ist entscheidend für eine erfolgreiche digitale Transformation“, sagt Gregor Bieler.
Der Data Estate wiederum ist die gesamte, datenspeichernde IT-Landschaft eines Unternehmens – die zentrale Server-Architektur, die entweder On-Premises, in einem gemieteten Datacenter oder in der Cloud läuft, die Geräte der Mitarbeiter sowie jede Form von Datenspeicherung.

Unkontrolliertes Datenwachstum während der Pandemie

„Nach einigen Jahren fängt ein Unternehmen an, nicht mehr nur auf eigene Server zu setzen, sondern sie aus Kosten- oder Effizienzgründen auszulagern. Dann kommt vielleicht ein Datacenter hinzu, das nicht mehr im DACH-Raum steht, sondern in Frankreich oder den USA,“ skizziert Bieler die typischen Entwicklungsstufen des Data Estate. „All diese unternehmenseigenen oder gemieteten Standorte, wo Daten gespeichert werden, gehören zum Data Estate, der immer weiterwächst.“

Vor allem seit der Pandemie und dem rasanten Aufschwung des Homeoffices hat sich die Situation verschärft. Denn: viele Unternehmen waren darauf nicht oder kaum vorbereitet. „Unternehmen wissen heute oftmals gar nicht, wo ihre Daten liegen, welche Risiken oder Chancen sich darin verbergen und welche Sicherheitsrisiken damit verbunden sind.“ Was kann man als Unternehmen dagegen tun, um einen Überblick über die eigenen Daten zu bekommen? Gregor Bieler schildert das Vorgehen bei APARAVI.

Erste Schritte für Unternehmen

„Bei APARAVI starten wir immer mit einem sogenannten Data Assessment, um zu verstehen, wo welche Daten eines Unternehmens liegen. Daraus resultiert der Data Snapshot, der Startpunkt einer jeden Data Lifecycle Management-Initiative“, erläutert Gregor Bieler.

Im nächsten Schritt geht es darum, vor allem die unstrukturierten Daten zu klassifizieren, zu indizieren und zu verarbeiten, z.B. in spezielle Analysetools zu importieren. Davon abhängend wird dann erarbeitet, wie der Data Lifecycle eines Unternehmens aussehen soll. Dies hängt vielfach von Regulierungen ab, von Compliance-Richtlinien, der Geschäftsstrategie sowie verschiedenen anderen Aspekten. Allerdings gilt: In dem Moment, in dem der Data Snapshot gemacht wurde, ist er eigentlich schon wieder veraltet, weil bereits neue Daten hinzugekommen sind.

Vier gute Gründe, sich mit dem Lebenszyklus von Daten zu befassen

Wurde das Thema von Unternehmen bisher meist ignoriert, ändert sich diese Haltung allmählich. Gregor Bieler führt vier Gründe an, warum sie sich mit ihrem Data Lifecycle Management beschäftigen sollten.

  1. Regulierungsanforderungen als Treiber
    Vor allem Regulierungsanforderungen, Gesetze und Vorschriften bewegen bzw. zwingen Unternehmen wie Banken, Versicherungen, aber auch Behörden dazu, sich hiermit auseinanderzusetzen.

  2. Speicher- und Energiekosten sparen
    Datenspeicherung in der Cloud und die entsprechende Administration kostet! Dank wachsenden Datenbergen und explodierenden Energiepreise versuchen Unternehmen Kosten zu senken.

  3. Produktivität: Dateien suchen kostet Zeit
    Ein nicht zu unterschätzender Grund ist die Produktivität. „Wir haben durch Studien herausgefunden, dass Mitarbeiter pro Woche 9,3 Stunden damit verbringen, Dateien zu suchen“, verrät Gregor Bieler.

  4. Nachhaltigkeitsbilanz verbessern
    Last but not least der Nachhaltigkeitsaspekt: Die IT-Branche ist verantwortlich für 1,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Jede gelöschte oder isolierte Datei spart CO2. Unternehmen können für ihre Nachhaltigkeitsbilanz einiges tun, wenn sie aktiv ins Data Lifecyle Management einsteigen. Zumal vor allem größere Unternehmen durch neue ESG-Richtlinien zunehmend dazu gezwungen sind.

Unstrukturierte Daten: Wie kann man sie nutzbar machen?

Durch die Pandemie hat das Data Lifecycle Management zusätzlich an Relevanz gewonnen. „Laut einer IBM-Studie sind 90 Prozent der Daten weltweit innerhalb der letzten zwei Jahre entstanden.“ Etwa 80 Prozent der Daten eines Unternehmens, so Bieler, seien sogenannte unstrukturierte Daten, sind also nicht in einem CRM-System, einem ERP oder einer anderen Datenbank enthalten. Dabei handelt es sich etwa um Daten aus dem gesamten Office-Umfeld, dazu noch PDFs, Slack-Dateien, Bilder, Videos, Logfiles, Chats etc.

Das Problem: „Bisher gibt es keine Tools, mit denen man diese Daten strukturiert hinsichtlich ihrer Inhalte anschauen, analysieren und verstehen kann“, sagt Bieler. Was es gibt, sind einige Ansätze auf Metadaten-Basis. Die Lösung, unstrukturierte Daten ganz zu vermeiden, indem sie von vornherein in einem CRM eingegeben werden, hält Bieler für wenig praktikabel. „Der Wunsch von Unternehmen, dass alle Mitarbeiter das CRM nutzen, ist natürlich gut und richtig. Aber die Realität sieht anders aus.“ Nicht jeder Mitarbeiter ist digital versiert und kann problemlos mit einem CRM umgehen.

Wie also können Unternehmen die Inhalte ihrer unstrukturierten Daten bewerten? Mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning: „Die Technologien bringen die notwendige Struktur hinein, um sicherzustellen, dass Daten richtig genutzt oder gelöscht werden“, erklärt Bieler. „Wir helfen Menschen bei der Digitalisierung, ohne dass sie etwas lernen müssen, was sie vielleicht nicht lernen können oder wollen. Und natürlich kostet diese Vorgehensweise viel weniger Arbeitszeit und IT-Ressourcen.“

Das Ergebnis: Mehr Daten für die Analytik

Mit dieser Strukturierung der Daten gelingt am Ende auch der Brückenschlag zur Analytik. Da jetzt mehr Daten analysierbar sind, können Unternehmen diese nutzen, um in Zukunft bessere und fundiertere Entscheidungen zu treffen. „Mein größter Wunsch ist es,“ sagt Gregor Bieler zum Abschluss, „dass die Unternehmen starten, aus ihrem Modus ‘Unstrukturierte Daten? Ignoriere ich!‘ herauszukommen. Sie müssen endlich anfangen, mit den existierenden Lösungen das Potenzial all ihrer Daten auszuschöpfen und große Werte für ihre Organisation zu schaffen.“